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Die Krise der vernetzten Öffentlichkeit in Deutschland

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Frank Westpahl sucht für Rivva einen neuen Sponsor. In einem Kommentar zum Blogpost, in dem er die Suche nach einem Sponsor verkündet, schreibt er über die deutsche Bloglandschaft:

Auch haben die Medien die Blogs nicht verdrängt, nur kommt aus dem Blogkosmos z. T. einfach dramatisch weniger als damals und werden lesenswerte Sachen zudem nicht mehr nach Gebühr wahrgenommen und geteilt.

Ich habe mich neulich mit jemand über deutsche Blogs unterhalten. Neben wenigen rühmlichen Ausnahmen, wie Exciting Commerce, das jetzt im 12. Jahr die Onlinehandelsbranche mit prägt (und wo ich angestellt bin), ist es noch ruhiger geworden im deutschen Netz als es das bereits vor 5 Jahren war.

‚Ruhiger‘ natürlich relativ: Wir können über die Bedeutung von öffentlichen Facebook-Gruppen und -Pages sprechen, über gezielten Like-Bait der Massenmedien, über die zunehmende unfreiwillige Abschottung der Twitternutzer, die den Bedeutungsverlust ihrer bevorzugten Plattform in Deutschland noch nicht realisiert haben, oder über das vollständige Fehlen von Leuchtturmprojekten,1 die andere neue Projekte mit nach oben ziehen können, oder über die Abstinenz von Vernetzung stärkenden Strukturen wie Reddit.2

Man kann zu allem diskutieren und Ausnahmen erwähnen3, aber am Ende des Tages bleibt das Fazit das gleiche. Man sieht sehr deutlich an Rivva, welches Vernetzung von Diskurs analysiert, also aufzeigt, was publikationsübergreifend, also wirklich öffentlich, diskutiert wird, dass der vernetzte Diskurs in Deutschland maximal bruchstückhaft existiert. Er ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme.

Gesund ist das für die deutsche Öffentlichkeit nicht.

Klassische Massenmedien haben von Haus aus signifikante strukturelle Probleme, die bekannt sind. Diese Probleme verstärken sich weiter mit den wachsenden Herausforderungen4 auf der Geschäftsseite, ebenfalls etwas, das vor allem in Deutschland bekannt ist. Die öffentlich-rechtlichen Medien orientieren sich zu stark am klassischen Medienmuster und arbeiten online mit zwei hinter dem Rücken verbundenen Händen.

Ich habe nicht die eine Lösung -niemand kann sie haben, weil es eine kulturelle Frage ist-, ich sehe nur das Problem.


  1. Ein Beispiel: In den USA haben Menschen wie John Gruber eigene Blogs aufgebaut, die, allein mit Links und Empfehlungen, andere Einzelpersonenprojekte ermöglichten. (Und nebenbei zeigten, dass a.) „es geht“ und b.) „wie es geht“ (Sponsored Posts, viele Jahre bevor Medienexperten anfingen, über Native Advertisement zu sprechen)) Diesen Vorgang kann man im Großen wie im Kleinen beobachten. In Deutschland haben sich vergleichbare Kandidaten bestenfalls für Kolumnen bei Massenmedien entschieden oder publizieren gar nicht. Das sind alles, hier wie da, legitime persönliche Entscheidungen. Es geht mir hier nur um eine grobe Skizze des Gesamtbilds. 
  2. Reddit und Co. sind erhebliche Durchlauferhitzer auf allen Ebenen und in allen Bereichen, die eine Durchlässigkeit von Beiträgen ermöglichen, welche die Herkunft der Beiträge (wo und von wem veröffentlicht) nicht völlig aus der Gleichung nimmt aber doch in der Bedeutung stark genug herabsenkt, um einen entscheidenden Unterschied zu liefern. Meine ursprüngliche Annahme von 2010, Twitter und Facebook könnten in Deutschland das Vakuum füllen, hat sich nicht in dem Maß bestätigt. Ich vermute hier aber, vor allem mit Facebook, ein Henne-Ei-Problem in Deutschland. 
  3. Man könnte Übermedien lobend erwähnen; sich aber auch darüber wundern, warum ein so junges reines Onlinemedium, das von Medienjournalisten betrieben wird, also nicht expertiger sein könnte, durch die Bank Printüberschriften verwendet. Man könnte ausführlich die kolossal verschenkte Chance der Krautreporter analysieren und aufzeigen, wie man völlig übersehen kann, was Differenzierung (und damit Nutzen/Brand/whatever) in der heutigen Medienwelt schafft und was nicht, wo und wie also Ressourcen einzusetzen sind. Aber wozu? 
  4. „wachsende Herausforderungen“ war euphemistisch: Allein 9 von 10 Presseverlagen werden den Medienwandel nicht überleben. In den anderen Kategorien (Hörfunk & TV) wird die Verteilung nicht signifikant anders aussehen. 
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